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STANDORT
Die Programm-Checker
[ konkret GESEHEN ]
Ü
ber 70 Milliarden Euro verbergen
sich hinter „Horizon 2020“, dem
ehrgeizigen EU-Förderprogramm für
Forschung und Innovation, das seit
2014 und bis 2020 läuft. Und „Inno-
vation“ wird im Programm tatsächlich
groß geschrieben, wissen Andreas
Moser undWolfram Allinger-Csollich.
Mit ihrem Unternehmen rtd services
haben sie sich auf die Beratung von
Forschungsprojekten spezialisiert (u.a.
mehr als 40 Projekte im 6. und 7.
Rahmenprogramm) und zwar haupt-
sächlich auf Antragstellung, aber auch
auf laufende Projektbetreuung, denn,
so Moser: „Die Projektbetreiber sollen
sich auf ihre Arbeit konzentrieren
können.“ Eine Arbeit, die in vielen
Programmlinien eine starke Anwen-
dungsorientierung aufweisen soll.
„Wir versuchen daher, mit unseren
Kunden ihre Projekte sozusagen von
hinten aufzuzäumen, zu fragen, wo ein
potenzieller Nutzen für Verbraucher
oder die Gesellschaft liegen könnte“,
beschreibt Moser die rtd-Arbeit. Und
Allinger-Csollich ergänzt: „Denn von
Innovation sprechen wir erst, wenn das
Produkt oder die Dienstleistung am
Markt erfolgreich ist.“ Insofern sei ihre
Arbeit Innovationsmanagement, in das
sie ihr Know-how, ihre Kontakte u.a. im
Life-Science-Sektor und dasWissen um
regionale, nationale und europäische
Förderungen einbringen – Allinger-
Csollich: „Wir schauen uns das Projekt
an und dann, in welche Programm-
schiene es passen könnte.“Vier aktuelle
Horizon 2020-Projekte betreuen rtd
services zur Zeit – Moser: „Spannende
Sachen im Health-Bereich.“ – und
beobachten neben der Anwendungs-
orientierung noch eine Neuerung im
EU-Forschungsprogramm: „Der admi-
nistrative Aufwand ist geringer gewor-
den.“ Mehr Info:
www.rtd-services.euD
ie Onkologie erlebt derzeit
einen Paradigmenwechsel“,
verdeutlicht Günther Gastl,
irektor der Innsbrucker Uniklinik
für Innere Medizin V, die aktuellen
Entwicklungen der Krebsmedizin:
„Bisher haben wir Krebsarten nach
den Organen, aus denen sie entste-
hen, klassifiziert. Zukünftig könnten
Tumore nach ihren molekularen Pro-
filen, der Ursache ihrer Entstehung,
benannt werden.“ Die molekulare Ei-
genheit eines Tumors wird in Zukunft
auch seine Therapie bestimmen.
„Wenn wir den fehlerhaften gene-
tischen Code kennen, können wir ge-
zielt Wirkstoffe gegen die molekulare
Eigenheit des Tumors einsetzen“, sagt
Gastl. Methoden wie DNA-Profiling
und Gensequenzierungen, die aus
der modernen Gerichtsmedizin be-
kannt sind, werden es ermöglichen,
einem Tumor auf die Spur zu kom-
men und seine molekularen Grund-
lagen zu erkennen.
In Innsbruck hat man nun auf die
neuen Entwicklungen reagiert, die
Medizinische Universität Innsbruck
und die tirol kliniken gründeten
das Comprehensive Cancer Center
Innsbruck (CCCI), um die Onko-
logie-Kompetenzen am Standort zu
bündeln. „Das CCCI fördert die inter-
disziplinäre Kooperation und struk-
turiert die fach- und abteilungsüber-
greifende Zusammenarbeit“, erklärt
dazu Gustav Fraedrich, Vizerektor
für Klinische Angelegenheiten. Rund
21.000 Krebspatienten werden pro
Jahr in Innsbruck stationär behan-
delt. Ihnen will man nun, so Wolf-
gang Buchberger, Medizinischer Di-
rektor der tirol kliniken, einheitliche
fachübergreifende Behandlungsstan-
dards, Tumorboards, eine interdis-
ziplinäre Ambulanz und Tagesklinik
sowie eine Studienzentrale zur Verfü-
gung stellen: „Mit Fertigstellung des
Neubaus der Inneren Medizin Ende
2017 werden diese Einrichtungen un-
ter einem Dach verortet.“
Eingebunden in das CCCI sind
auch die peripheren Standorte der
tirol kliniken. Die positiven Auswir-
kungen einer solchen spitalsüber-
greifenden Zusammenarbeit zeigt
das bestehende Video-Tumorboard
mit Meran. „Seither ist dort – durch
einen adäquaten Strahlentherapie-
Einsatz – die Überlebensrate bei
Lungenkrebs signifikant gestiegen“,
berichtet Gastl. Überhaupt, so der
Onkologe, muss sich Tirols Krebsme-
dizin nicht verstecken, im Gegenteil,
für alle Karzinome zusammengefasst
liege die Überlebensrate mit 65 Pro-
zent fast gleichauf mit Vergleichs-
daten aus den USA. „Signifikant bes-
sere Überlebensraten im Vergleich
zu den USA zeigen sich beim kolo-
rektalen Karzinom“, hält Gastl fest,
ebenso bei Männern mit Magen- bzw.
Lungenkarzinom sowie bei Frauen
mit Melanom bzw. Ovarialkarzinom.
Trotz dieser Erfolge und neuer Me-
thoden bleibt Gastl realistisch, was
die Heilung von fortgeschrittenen
Krebserkrankungen betrifft. „Wir
werden auch in Zukunft nicht alle
Krebserkrankungen heilen, sie aber
auch im metastasierten Stadium er-
folgreich über Jahre behandeln und
den Betroffenen ein lebenswertes Le-
ben ermöglichen können. ]
Günther Gastl: „Die Krebstherapie
erlebt derzeit eine Trendwende.“
Foto:Andreas Friedle
Foto:Andreas Friedle
Konzentrierte Anstrengungen
Im neuen Comprehensive Cancer Center Innsbruck werden die onkologischen
Kompetenzen der Medizinischen Universität und der tirol kliniken gebündelt.
Profis für Innovationsmanagement:Wolfram Allinger-Csollich (li.) und Andreas Moser.
P
ilze sind hartnäckig. Wer sie
einmal im Badezimmer hatte,
kann ein Lied davon singen.
ilze sind gefährlich. Vor allem, wenn
sie im Krankenhaus auf gesundheit-
lich angeschlagene Menschen tref-
fen. „Gefährlich sind sie aber nicht
für den ‚Durchschnittspatienten‘,
sondern vielmehr für Menschen mit
schweren Erkrankungen, die wir
heutzutage besser therapieren kön-
nen, deren Immunsystem aber durch
die Therapie sehr geschwächt ist“, er-
klärt Cornelia Lass-Flörl, Direktorin
der Sektion für Hygiene und Medi-
zinische Mikrobiologie an der Me-
dizinischen Universität Innsbruck.
Nichtsdestotrotz sind Pilzinfektionen
ein großer Bestandteil ihrer For-
schung. Im Christian-Doppler-Labor
für invasive Pilzinfektionen versucht
sie ihnen und ihrer Vermeidung – in
Zusammenarbeit mit dem Tiroler
Holzwerkstoffhersteller Fritz Egger
und dem Wiener Biopharmazeu-
tik-Unternehmen Gilead Sciences –
auf den Grund zu gehen.
„Wir fokussieren uns auf zwei Berei-
che: ein besseres Verständnis von Pilz
infektionen und die Suche nach anti-
mikrobiellen Oberflächen“, sagt die
Medizinerin. Neben dem Screening
eines neuen Medikaments, das für
Menschen weniger toxisch sein soll
und somit bei Verabreichung die Ef-
fektivität der Behandlung erhöhen
könnte, werden gleichzeitig Kombi-
nationen mit Zweit-Medikamenten
getestet, um den potenziellen neuen
Wirkstoff auch gezielter einsetzen zu
können.
Weiters wird im Mausmodell un-
tersucht, wie der Organismus auf
eine bestimmte Pilzbelastung in der
Luft reagiert und wie im Speziellen
ein Organismus mit Immunsuppres-
sion. Das Ziel ist mehr Wissen über
den Cut-Off, also die Grenze, ab der
die Pilz-Konzentration in der Luft für
Risikopatienten gefährlich werden
könnte. Ebenso geht das Team von
Lass-Flörl der Frage nach, warum zwi-
schen zehn und zwanzig Prozent der
Patienten, denen prophylaktisch An-
ti-Pilz-Medikamente verabreicht wer-
den, trotzdem an einer Infektion er-
kranken. Gearbeitet wird dabei auch
mit einem 3D-Lungenmodell im Rea
genzglas. „Wir können damit das, was
wir in einem In-vivo-Mausmodell fin-
den, in vitro an menschlichen Zellen
untersuchen“, beschreibt Lass-Flörl
den Grundlagenaspekt im Dopp-
ler-Labor, die angewandte Forschung
hingegen widmet sich den Oberflä-
chen.
„Hintergrund ist die Überlegung,
dass antimikrobielle Oberflächen
entweder das Anhaften oder das
Überleben von Viren, Bakterien und
Pilzen verhindern“, so die Forsche-
rin. Eine Oberfläche, die nach drei
Stunden Erreger eliminiert, hat das
Team bereits identifiziert, nun kom-
me, meint Lass-Flörl, die wahre Her-
ausforderung: „Es gilt zu klären, wie
lange die Oberfläche wirkt und ob
bzw. wie sie zu reinigen ist.“ Die Ant-
worten sollen innerhalb der nächsten
zwei Jahre dazu führen, die Einrich-
tung einer Intensivstation am Kran-
kenhaus Innsbruck mit diesen Ober-
flächen auszustatten. Ist der Versuch
erfolgreich, wäre dies, so Lass-Flörl,
der erste Schritt in Richtung eines
semisterilen Krankenhauses. ]
Cornelia Lass-Flörl: „Wir fokussieren uns auf zwei Bereiche: ein besseres Ver-
ständnis von Pilzinfektionen und die Suche nach antimikrobiellen Oberflächen.“
Doppler-Labor :
Invasive Pilzinfektionen im Visier
Foto:Andreas Friedle
PRIZE setzt neue Impulse für Wissenstransfer
Die Prototypenförderung PRIZE ist Teil des Programms „Wissenstransferzentren und IPR-Verwertung“.
Im aktuellen Call schlug eine internationale Jury zehn Einreichungen zur Förderung mit insgesamt rund einer
Million Euro vor, zwei Projekte sind an Tiroler Universitäten angesiedelt. Die Uni Innsbruck konzentriert sich
auf die „Optimierung einer chemischen Substanzgruppe zur Therapie von Stoffwechselerkrankungen“, die
Meduni auf die „Softwareapplikation für die automatisierte Auswertung von Magnetresonanztomografie“.
SCIENCE
Christian-Doppler-Labors
wer
den an Universitäten oder außer
universitären Forschungsinstitutio
nen für maximal sieben Jahre
eingerichtet. Die Kosten für das
gesamte Vorhaben teilen sich zu
je 50 Prozent das Wissenschafts-,
Forschungs- undWirtschaftsminis
terium und die kooperierenden
Unternehmen.
CD-Labor
Mehr Top-Betriebe aus dem Cluster
Life SciencesTirol finden Sie auf
www.standort-tirol.at/mitgliederMehr Info
[
]
FAKTEN. NEWS.
[ Thema: Life Science ]
Fortgeschrittene,
alkoholbedingte und oft le-
bensbedrohliche Leberer-
krankungen könnten schon
bald effektiv behandelt
werden. Das belegt eine
neue Forschungsarbeit des wissenschaft-
lichen Teams um Herbert Tilg. Der Inns-
brucker Gastroenterologe und Direktor
der Uniklinik für Innere Medizin I konnte
zeigen, dass die Blockade des körperei-
genen Botenstoffs Interleukin-8 mittels
synthetisch hergestellter Pepducine den
entzündlichen Prozess der alkoholischen
Fettlebererkrankung stoppen könnte.
Der Mediziner und
Epidemiologe PeterWilleit
wurde vor Kurzem für seine
Forschung zum Blutfett
Lipoprotein(a) als Prädiktor
von Herz-Kreislauf-Erkran-
kungen mit dem Förderungspreis der Tiro-
ler Ärztekammer ausgezeichnet. Die Arbeit
vonWilleit, der derzeit als Erwin-Schrö-
dinger-Fellow am King’s College London
forscht, ist ein weiterer Baustein der bereits
30-jährigen Lp(a)-Forschungstätigkeit an
der Medizinischen Universität Innsbruck,
die mit Gert Utermann begonnen wurde
und über Florian Kronenberg und Hans
Dieplinger ihre Fortsetzung findet.
Foto:MUI/Heidegger
Foto:MUI/Hetfleisch
Thema: [ LIFE SCIENCES TIROL ]