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E

s war der Mediziner Walter

Pfaller, der dem Ionenphysi-

ker Paul Scheier einen Floh

ins Ohr setzte. Ob er denn nicht

Atom-Cluster oder Nanoteilchen auf

Oberflächen anbringen könne, um

diese negativ zu laden. Denn dann,

das wusste Pfaller, würden auf den

Oberflächen keine Zellen mehr wach-

sen bzw. haften. Das Jahre zurück

liegende Gespräch blieb Scheier in

Erinnerung, vor allem, „da ich nun

in der Lage bin, solche Cluster zu

bilden“. Mit Hilfe einer ultrakalten

Heliumtröpfchenquelle kann der

Forscher der Universität Innsbruck

z.B. größenselektierte Goldteilchen

auf Oberflächen deponieren. Fehlt

dem Teilchen ein Atom, holt es sich

ein Elektron vom Trägermaterial und

ladet die Oberfläche negativ. Hat das

Teilchen ein Atom zuviel, passiert das

Gegenteil und die Oberfläche ist posi-

tiv geladen. Für eine mögliche Anwen-

dung suchte Scheier statt des inzwi-

schen pensionierten Pfaller Partner

– und fand sie imHaus, amMCI, beim

Beschichtungsspezialisten PhysTech

Coating Technology und dem Hör­

implantat-Produzenten MED-EL.

FAENOMENAL nennt sich das

K-Regio-Projekt (siehe unten), mit

dem das Konsortium Paul Scheier,

Harald Schöbel (MCI), Georg Strauss

(PhysTech)und Raimund Naschber-

ger (MED-EL) seine Kompetenzen

bündeln will. Mit der Kombination

aus Nano-, Bio-, Dünnschicht- und

Implantattechnologie sollen – so das

Endziel – Implantate entwickelt wer-

den, an denen wie gewünscht Zellen

gut oder nicht anwachsen. Ein fernes

Ziel, betonen Scheier und Strauss, ist

das Projekt doch eines mit hohem

Anteil an Grundlagenforschung. „Mit

Projektstart können wir mit dem De-

ponieren von Goldteilchen auf Ober-

flächen beginnen“, berichtet Scheier.

Vorerst setzt man auf Titan und Sili-

kon, ersteres als klassisches Material

bei Hüft- und Zahnimplantaten, zwei-

teres als von MED-EL bevorzugtes Ma-

terial. Im Labor ist das Gerät Marke

Eigenbau startklar, geklärt werden

sollen Fragen der richtigen Teilchen-

menge pro Quadratmikrometer und

ihre Stabilität. „Titan hat etwa eine

starke Wechselwirkung mit Gold, das

könnte dazu führen, dass die Cluster

zerfließen“, weiß Scheier. Es sei denn,

man überzieht die Oberfläche mit

einer hauchdünnen Oxidschicht.

Georg Strauss: „An diesem Punkt

kommt PhysTech ins Spiel.“ Am MCI

soll Harald Schöberl mit ersten Zell-

versuchen beginnen und wichtiges

Feedback geben, welche Cluster auf

welchen Oberflächen besser oder

schlechter funktionieren. Da stün-

den noch viele Tests ins Haus, um

optimale Kombinationen zu erhal-

ten, ebenso muss im Zell- und später

im Tiermodell analysiert werden, wie

sich die Nanoteilchen verhalten. Bei

positivem Verlauf wäre der nächste

Schritt jener in Richtung Anlagen-

technik, um die Nanobeschichtungen

nicht nur in Scheiers Labor, sondern

auch in einem industriellen Umfeld

herstellen zu können. „Zu einer An-

wendung ist es noch ein weiter Weg“,

bestätigt Strauss, „diese neue Tech-

nologie kann aber auch in anderen

Bereichen eingesetzt werden, da man

mit ihr etwa optische oder chemische

Eigenschaften beeinflussen kann.“ ]

In einem K-Regio-Projekt wollen Tiroler Forscher mit größenselektierten

Nanoteilchen das Anwachsen von Zellen auf Implantaten steuern.

Standort

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STANDORT 04|17

[ Thema: Inhalt ]

K-Regio:Tiroler Forscher wollen das

Zellwachsum auf Implantaten steuern

[ standortagentur ] : [ erneuerbare energien ] [ informationstechnologien ] [ life sciences ] [ mechatronik ] [ wellness ] : [ forschung ] [ wirtschaft ]

Erneuerbare Energien

Seite 3

[ Thema: Impressum ]

STANDORT. Aktuelle Nachrichten

der Standortagentur Tirol und ihrer

Clusterinitiativen. Ausgabe 04|17

Herausgeber: Standortagentur Tirol,

Ing.-Etzel-Straße 17, 6020 Innsbruck 

Verleger: KULTIG Corporate Publishing,

Koch & Partner KG

Redaktion: Andreas Hauser

Fotos: Andreas Friedle

Druck: Alpina Druck GmbH

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Nr. 31 | Jg. 09

AKTUELLE NACHRICHTEN DER STANDORTAGENTUR TIROL

Die „Gründungszentrum Start UpTirol

GmbH“ soll Technologietransfer ankurbeln

Neu entwickelte Holzfassaden sorgen

für energieeffiziente Gebäudesanierung

Mit hauseigenen Innovationen plant

Heliotherm eine Tirol-Offensive

Mechatronik

Seite 4

VAHLE DETO macht kontaktloses

Stromtanken während der Fahrt möglich

MND Austria will mit Beschneiung,

Seilbahnen, Freizeit und Sicherheit punkten

Informationstechnologien

Seite 5

Mediasquad entwickelte ein Virtual-

Reality-Schulungsprogramm für Big Pharma

UPC bringt mit lokalen Kooperationen

ihr Portfolio in Täler und Gemeinden

Wellness

Seite 6

Das egger-System schafft einWohl-

fühl-Klima in den eigenen vier Wänden

Irina Juen über die Notwendigkeit von

externem HR-Management imTourismus

Life Sciences

Seite 7

CD-Labor: GuidoWollmann setzt auf

Viren als maßgeschneiderte Tumorkiller

Erhöhte Anforderungen für Medizin-

produkte und In-Vitro-Diagnostika

[ K-REGIO AUSSCHREIBUNG ]

T

irol war das erste Bundesland, das mit K-Regio eine regionale Initia-

tive nachVorbild der COMET-Bundeskompetenzzentren umgesetzt

hat. „Damit stärken wir Tirol nachhaltig alsWirtschafts- undWissen-

schaftsstandort, wovon sowohl die Unternehmen und Forschungsein-

richtungen als auch dieTirolerinnen undTiroler profitieren“, erklärt

Landeshauptmann Günther Platter.Vor allem für KMUs bietet K-Regio

eine große Chance. „Seit dem Start im Jahr 2008 fördern wir mit rund

8,9 Millionen Euro 84Tiroler Unternehmen und 36 heimische For-

schungsgruppen“, so Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf. Im Oktober bekamen vier neue K-Regios die Förderzusage,

das LandTirol stellt rund 540.000 Euro bereit, aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) kommen

für die kommenden drei Jahre bis zu 2,16 Millionen Euro dazu. Neben FAENOMENAL (siehe oben) werden noch die

Konsortien „Keramik – Entwicklung von neuen Keramiken“, „SolarHydrogen“ (Ziel ist eine effizientere und günstigere

Erzeugung vonWasserstoff als Energieträger) sowie „eVITA“ (Entwicklung von Prothesen zur Stimulierung des Gleich-

gewichtorgans im Innenohr) unterstützt. Ab sofort können sich Unternehmen und Forschungseinrichtungen bis 30.

Jänner 2018 um Fördermittel für ihre gemeinsamen K-Regio-Projekte bewerben. Info:

www.standort-tirol.at/k-regio

FRISCHE IDEEN

J

ugend Innovativ, der größte

österreichweite Schulwettbewerb

für innovative Ideen, ist auch heuer

wieder auf der Suche nach enga-

gierten Jugendlichen im Alter zwi-

schen 15 und 20 Jahren, die zeigen

möchten, welches große Potenzial

in ihnen steckt. Zur Auswahl stehen

die Kategorien Design, Engineering,

Science,Young Entrepreneurs, Digi-

tal Education sowie Sustainability, in

denen unter dem Motto „Neugier

bringt frische Ideen!“ geforscht, ex-

perimentiert, getüftelt, designt und

quergedacht werden darf. Anmelde-

schluss ist der 21. Dezember 2017,

mehr Infos zumWettbewerb gibt‘s

auf

www.jugendinnovativ.at

HORIZON 2020

D

as EU-Forschungsrahmenpro-

gramm „Horizon 2020“ biegt

auf die Zielgerade ein: Die letzte und

zugleich größte Arbeitsprogrammrun-

de startet und ist mit einemVolumen

von 30 Milliarden Euro doppelt so

hoch dotiert wie die vorangegangene.

Alle Säulen des Programms bieten

vielfältige Einreichmöglichkeiten:Von

„Wissenschaftliche Exzellenz“ über

die „Führende Rolle der Industrie“

bis hin zu den „Gesellschaftlichen

Herausforderungen“. Bislang ist

Tirol an 73 Projekten beteiligt. Dies

entspricht 6,2 Prozent aller Projekte

mit Österreich-Präsenz und bringt 34

Millionen Euro an Förderungen nach

Tirol.

Foto:StandortagenturTirol

Sprungbrett für Innovationen

Ein weiter Weg mit

kleinen Teilchen

Foto:StandortagenturTirol

Paul Scheier: „Mit Nanoteilchen wollen wir Zellwachstum auf Oberflächen steuern.“

W

er immer

noch

glaubt, bei der

Digitalisierung

handle es sich

um einTechno-

logiethema, dem

lege ich folgende

Zeilen ans Herz.

Digitalisierung oder Industrie 4.0 ist

kein einmaliges Investment in eine

vernetzte intelligente Maschine oder

eine vollautomatisierte auf Losgröße

1 getrimmte Fertigungsstraße. Sie ist

weder ein Produkt noch eine Dienst­

leistung oder eine Methode, die

gekauft oder erlernt werden kann.

Vielmehr handelt es sich um ein Kon­

zept, das mehrere Aspekte bündelt.

Und diese Aspekte überziehen der-

zeit unser Land wie ein digitaler

Fleckerlteppich. Digitalisierung ist ein

strategischerWendepunkt. Es gilt raue

Entscheidungen zu treffen, um das

Unternehmen in die richtige Richtung

zu lenken und das führt Unternehmer

auf unbekanntesTerrain. Auch Markus

Langes-Swarovski stellt sich dieser

Aufgabe. In einemVortrag meinte er

vor Kurzem, dass sich Industrie 4.0

bei Swarovski als ein Kulturwandler

entpuppt. Er habe erkannt, dass die

langjährige Abschottungstaktik, um das

Know-how seines Unternehmens zu

schützen, heute einfach nicht mehr

zeitgemäß sei. Swarovski öffnet sich

dabei nicht nur gegenüber Start-ups,

man beginnt allgemein kooperativer

zu arbeiten.Wie viele andere erkennt

man das Ende der Kultur des „Alles-

selber-Machens“. Ein langsamer aber

steterWandel, der auch auf skeptische

Mitarbeiter trifft. Geht es um die Digi-

talisierung „müssen wir den Mitarbei-

tern ihre Ängste davor nehmen“, so

Langes-Swarovski. Und das macht das

Thema zur Chefsache.

Digitaler

Fleckerlteppich

GASTKOMMENTAR

ELISABETH BIEDERMANN

Chefredaktion FACTORY, Fachmagazin

für die produzierende Industrie

Foto:WEKA Industrie Medien

Das Projekt FAENOMENAL wird aus Mitteln des Europäischen

Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.