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[ konkret GESEHEN]

Mit breiter Unterstützung

F

lorian Föger und MartinWerle

haben ein ehrgeiziges Ziel – sie

wollen weg von der Spritze und mit

einer neuen Plattform-Technologie

Proteinwirkstoffen wie z.B. Insulin

mittels Tablette oder Kapsel verab-

reichen. „Proteinwirkstoffe“ sagt der

Pharmazeut Föger, „werden von den

Verdauungsenzymen innerhalb kur-

zer Zeit abgebaut und können daher

nicht über die Darmschleimhaut

in den Blutkreislauf, um dort ihre

Wirkung zu erzielen.“ Daher müssen

sie mit „unangenehmen“ Spritzen

injiziert werden. Föger hat nun eine

Methode entwickelt, mit der diese

Enzyme für kurze Zeit lahmge-

legt werden. Der Arzneistoff kann

dadurch vollkommen unverändert

in den Blutkreislauf gelangen. Für die

Umsetzung seiner Idee kann Föger

auf breite Unterstützung bauen.

„Auf Anraten des Gründungszen-

trum CAST suchte ich bei der aws

um eine PreSeed-Förderung an und

erhielt eine 200.000-Euro-Zusage.

Das deckte den Kapitalbedarf für

2015“, so der Forscher. 2014 gewann

er auch adventure X, den Gründer-

Wettbewerb der Standortagentur

Tirol. Dabei lernte er Jürg Meier ken-

nen, der jahrelang in Management-

positionen bei Sandoz tätig gewesen

war. Aus dem Kontakt wurde eine

Partnerschaft, Meier ist im Advisory

Board des von Föger gegründeten

Unternehmens Cyprumed. So wie

Uwe Jacob, auf den Föger beim

Wettbewerb „Best of Biotech“ traf.

Jacob hatte einst eine Pharmafirma

mitgegründet, die um 200 Millionen

Euro verkauft wurde – seither unter-

stützt er Biotech-Start-ups.

Das Kapital der zwei Investoren

wird durch eine aws-Seed-Förde-

rung ergänzt, rund eine Million Euro

steht für 2016/17 zur Verfügung.

Damit soll eine Phase-1-Studie für

einenWirkstoff gegen Osteoporose

vorbereitet und betreut werden.

„Funktioniert die Technologie-

plattform bei Osteoporose, ist sie

validiert und wird für Unternehmen

und andereWirkstoffe interessant“,

sagt Werle. Denn weiter als Pha-

se 1 wollen die zwei Forscher nicht.

Das Geschäftskonzept sieht vor, die

Weiterentwicklung einem großen

Pharmapartner zu überlassen.

Info:

www.cyprumed.net

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0316

STANDORT

Thema: [ ZUKUNFT ]

Auf die Frage, mit was sie in den nächsten fünf Jahren

rechnen, geben sichTiroler Start-ups optimistisch. 48

%

wollen stark wachsen, 32

%

zumindest moderat, acht

Prozent wollen verkaufen, fünf Prozent fusionieren bzw. an

die Börse, nur ein Prozent will seineTätigkeit einstellen.

START-UPS

Fünf-Jahres-Pläne Tiroler Start-ups

DREI FRAGEN AN

[ Christoph Egger ]

Wann hatten Sie eigent-

lich die Idee für eine

unzerbrechliche Brille?

Christoph Egger: Das war

2004. Für die Verfah-

renstechnik, Laborarbeit,

Materialsuche und denWeg zur Serienreife

brauchte es einen Tiroler Sturschädel, das

Projekt war ein paar Mal am Scheitern.

2008 konnte ich aber auf der opti, der in-

ternationalen Messe für Optik & Design in

München, den ersten Prototypen präsen-

tieren, seit 2011 sind wir auf dem Markt,

anfangs mit Sonnen- und Sportbrillen, seit

Juni 2016 nun auch mit unzerbrechlichen

Korrektionsbrillen.

Wie haben Sie diese Jahre finanziert?

Neben zwei FFG-Förderungen steckt vor

allem Eigenkapital in Gloryfy. 2005 habe ich

das Patent und den Vertrieb einer von mir

entwickelten Handyhalterung aus Silikon

verkauft. Mein Ziel war, 2008 mit den

Brillen am Markt zu sein und noch 300.000

Euro auf der Seite zu haben, damit wir für

die Markteinführung richtig Gas geben

können. Fertig waren wir 2010, 300.000

Euro waren keine mehr da, dafür aber

Schulden. Mit Guerilla-Taktik schafften wir

den Zugang zum Sportbereich. Die Marke

Tirol und ihr Bezug zum Sport haben uns

dabei viel geholfen.

Ihr Firmensitz ist Rotholz, eine ländliche

Idylle. Ist dieser Gegensatz zur welt-

weiten Coolness der unzerbrechlichen

Gloryfy-Brillen ein Problem?

Nein, überhaupt nicht. Unsere Besucher,

darunter viele internationale Extrem-

sportler, finden es sogar supercool und

authentisch.

Christoph Egger ist Gründer

von Gloryfy unbreakable eyewear

D

rei Jahre Arbeit von drei

Leuten und eine Million

Euro stecken in der Ent-

wicklungsphase der duftenden De-

korbeschichtungen, sagt Organoid

Technologies-Gründer Martin Jehart.

Unterstützung in dieser Zeit bekam

Organoid von der deutschen Georg

Ackermann GmbH, von der man

anfangs auch viel Know-how und ak-

tuelle Trends bezog, heute ist es, so

Jehart, „fast eine persönliche Freund-

schaft“. Als zweiter „Sponsor“ fand

sich über das Investorennetzwerk

Tirol der Venture-Capital-Fonds FSP

Ventures und damit die Grundlage

für den Markteintritt im Jahr 2014

und eine positive Entwicklung: „Es

trifft jetzt das ein, was ich mir vor

einem Jahr erhofft habe.“

2013 starteten Jehart und sein

Partner Christoph Egger in einer

Garage, heute firmieren sie auf 1200

Quadratmetern in Fließ nahe Lan-

deck. In Kontakt zum Bürgermeister

kam man via Standortagentur Tirol,

bei der Besichtigung der heutigen

Räumlichkeiten „lag 60 Zentimeter

Schnee am Boden, weil das Dach

eingebrochen war.“ Ein Mitarbeiter-

team von „sieben und einem halben“

produziert hier Platten als Gestal-

tungselemente für Innenräume, der

Vertrieb – in 45 Ländern – ist aus-

gelagert. Die natürlichen Ausgangs-

materialen – Blüten, Moose, Gräser,

Blätter etc. – für die duftenden De-

korbeschichtungen beziehen sie, wie

Jehart betont, „so weit wie möglich

von lokalen Produzenten, das Alm-

heu etwa ist handgesenst“. 15 bis 20

neue Anfragen erhalte man pro Wo-

che, dabei wäre auch immer wieder

die Frage aufgetaucht, ob man die

Beschichtungen nicht auch anders

als nur auf Platten einsetzen könne.

Das Organoid-Team experimentierte

und fand eine spezielle Folienlösung,

die, sagt Jehart, überall haftet. In-

zwischen zieren Organoid-Beschich-

tungen Holzbrillen aus Südtirol,

Handyhüllen und Lampenschirme,

weitere Anwendungen sind schon in

Planung. Info:

www.organoids.com

]

Handgesenstes Heu

Duftende Beschichtungen aus Naturmaterialien sind

die Spezialität von Organoid Technologies.

Foto:Gloryfy/Sautner

A

ls Michael Vogele 1994 für

die Fortsetzung seines Medi-

zinstudiums nach Innsbruck

kam, lernte er den Mediziner Reto

Bale kennen, mit dem er bald das

Interesse für Navigationssysteme im

operativen Bereich teilte. Aus dem

Interesse und aus Basteleien in der

eigenen Werkstatt entstand schon ein

Jahr später das erste Patent für ein

„medizinisches Navi“, eine Zielvor-

richtung für ein Navigationssystem

samt speziellem Fixiersystem für den

Kopf, dem eines für den Körper und

weitere Zielvorrichtungen folgten.

Während Bale Equipment und Know-

how an der Klinik Innsbruck für die

minimalinvasive Behandlung von Le-

bertumoren einsetzte und sich zu ei-

nem der führenden interventionellen

Radiologen entwickelte, wählte Voge-

le einen anderen Weg: Er gründete

1995 ein Med-Tech-Unternehmen,

um die begonnenen Entwicklungen

voranzutreiben, verkaufte dieses 2005

und begann Bildgebung und Naviga-

tion mit einer dritten Komponente zu

kombinieren – der Robotik.

Eine Methode der Krebstherapie

ist die sogenannte Radiofrequenzab-

lation: Dazu werden dünne Nadeln

in Richtung des Tumors in den Kör-

per geschoben, durch diese wird eine

Sonde geführt und der Tumor mit

Wechselstrom punktgenau verödet.

Voraussetzung ist die Kenntnis der

Position des Tumors und des Weges

dorthin sowie eine Zielvorrichtung,

mit der die Nadel entlang dieses We-

ges geführt werden kann. Die Positi-

on wird im CT festgestellt, der exakte

Weg dorthin vom Navigationssystem

berechnet, die Zielvorrichtung hän-

disch eingestellt. „Die logische Kon-

sequenz war, diesen Schritt zu auto-

matisieren“, benennt Vogele seine

Idee, mit der er schließlich im Jahr

2010 das Unternehmen iSYS mit Sitz

in Kitzbühel gründete: „CAST und

die PreSeed-Förderung der aws waren

quasi die Initialzündung dazu“, sagt

der Mediziner, eine Seed-Förderung

folgte, dazu auch Eigenmittel von

Vogele und seinem Partner Thomas

Pfeifer: „Wir haben uns mit Förde-

rungen und einem Netzwerk von Pri-

vatinvestoren, einer sogar aus China,

durchgekämpft.“ Schon 2012 gelang

dem jungen Unternehmen die Zulas-

sung für den ersten iSYS-Roboter, ein,

so Vogele, „innovatives, kleines und

kompaktes Robotersystem, das in den

CT passt und die Instrumente schon

während oder kurz nach der Bildge-

bung positioniert“. Den Roboter sieht

er als Unterstützung des Operateurs,

der nicht mehr „manuell und zeitauf-

wändig“ die Zielvorrichtung einstel-

len muss, aber weiterhin die Kontrolle

über die OP hat: „Der Nadelvorschub

erfolgt immer noch durch den Arzt.“

In der Zwischenzeit wurden 30

Roboter gebaut, 15 sind für Fluoro-

skopie und CT-Interventionen im

medizinischen Einsatz. Um seine

Vision der „image guided therapy“

weiter voranzutreiben, ist es Vogeles

Plan, die iSYS-Plattformtechnologie

auch für andere Anwendungen ein-

zusetzen. Auf der Suche nach einem

Partner kontaktierte er auch den

amerikanischen Med-Tech-Konzern

Medtronic, „in den USA wollte ich ih-

nen eigentlich das Thema Radiologie

schmackhaft machen“. Durch einen

Zufall („Gleichzeitig war ein Wiener

Neurochirurg bei ihnen.“) kam man

auf das Thema Neurochirurgie und

Robotertechnologie zu sprechen,

einer kleinen klinischen Studie folg-

ten ausführliche Verhandlungen und

schließlich ein Vertrag zwischen Med-

tronic und iSYS: „Wir sollen den Ro-

boter für den Bereich Neurochirurgie

weiterentwickeln, speziell geht es um

die Themen Biopsien und Tiefenelek-

trodenplatzierung.“

Für das Projekt gründete Vogele die

Tochterfirma Micro Guided Systems

und stockte das Mitarbeiterteam auf

– zu zwölft wird an Soft- und Hard-

ware gearbeitet, das iSYS-Know-how

rund um Design, Zulassungsprozesse

und Entwicklungsanforderungen soll

in das neue Produkt einfließen. Dem

andere Anwendungen folgen sollen,

sagt Vogele, kann seine Technologie

doch auch mit anderen Partnern für

andere Anwendungen eingesetzt wer-

den. Und das, so Vogeles Absicht, zu

einem leistbaren Preis – „Was nützt

eine tolle Technologie, die so teuer

ist, dass sie nur in einigen wenigen

Krankenhäusern der Welt eingesetzt

werden kann?“ Info:

www.isys.co.at

]

Michael Vogele arbeitet an der nächstes iSYS-Robotergeneration, die in der Neurochirurgie zum Einsatz kommen soll.

iSYS:

Punktgenaue Operationen mit Roboters Hilfe

Foto:Andreas Friedle

Martin Jehart entwickelte ein Spezialverfahren für duftende Dekorbeschichtungen.

Florian Föger und MartinWerle (v. li.)

setzen auf Tabletten statt Spritzen.

Foto: in the head room

Fotos:Andreas Friedle (1),Organoid (1)

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