

STANDORT:
Hatten Sie 2009 auf
dem Weg in die USA schon eine Ge-
schäftsidee mit im Gepäck?
FLORIAN SCHOLOCHOW
: Ein
konkretes Geschäftsmodell hatten
Christina und ich noch nicht – wir
hatten bloß die Idee, die Bereiche
Marketing und IT zu verknüpfen. In
den USA arbeiteten wir mit Start-ups
zusammen und merkten, dass es zwei
Arten von Gründern gibt. Auf der ei-
nen Seite Business-Gründer, die Tech-
nologie immer als „zukaufbares“ Asset
sehen, auf der anderen Tech-Grün-
der, die coole Produkte bauen, wel-
che aber oft niemand braucht – also
ohne Markt- bzw. Kundenverständnis.
Aus dieser Erkenntnis hat sich unser
Geschäftsmodell entwickelt.
STANDORT:
Wie funktioniert das
Geschäftsmodell von mohemian?
SCHOLOCHOW
: Wir schließen
genau diese Lücke. mohemian inves
tiert das Produkt in Form von Tech-
nologie und Manpower in ausgewähl-
te Start-ups oder Corporate Ventures.
Mit unserem Team aus Software-Ar-
chitekten, Produktentwicklern und
UX-Designern helfen wir, das Pro-
dukt zu iterieren und zu skalieren.
STANDORT:
Gegründet haben Sie
in Innsbruck. Warum?
SCHOLOCHOW
: Gegründet ha-
ben wir eigentlich in den USA, aber
schnell gemerkt, dass es schwer ist,
als kleine Firma zwischen Google
und Apple gute Leute zu finden. Vor
allem waren bzw. sind wir auf der Su-
che nach loyalen Mitarbeitern, die
sich langfristig in einem Unterneh-
men sehen. Aufgrund des hohen
Ausbildungslevels und unseres lo-
kalen Netzwerks haben wir uns ent-
schieden, unser Team in Innsbruck
aufzubauen.
STANDORT:
Was sind häufige An-
fängerfehler von Start-ups?
SCHOLOCHOW
: Gründer verges-
sen durch den momentanen Start-up-
Hype oft, dass sie Unternehmer sein
müssen. Gefährlich wird es vor allem,
wenn ein Start-up sehr fördergetrie-
ben arbeitet. Oft wird dann vergessen,
dass das Unternehmen einen Umsatz
erwirtschaften muss. Gründer sollten
sich mit ihren Kunden auseinander-
setzen und deren Bedürfnisse zu hun-
dert Prozent verstehen. Als Gründer
sollte man auch in dem Bewusstsein
arbeiten, dass product/market fit
kein Zustand, sondern ein ständiger
Prozess der Weiterentwicklung ist.
STANDORT:
Der neue Verein Start
up.Tirol will Start-ups über die Grün-
dungsphase hinaus begleiten.
SCHOLOCHOW
: Das ist der rich-
tige Weg. Ein Business-Team muss sei-
nen Markt tiefgehend verstehen und
sollte auch die nötigen Marktzugän-
ge haben. Neben der Schärfung des
Geschäftsmodells kann Startup.Tirol
dabei natürlich auch behilflich sein,
indem ein Netzwerk geschaffen und
zur Verfügung gestellt wird.
STANDORT:
Wie kann man sich als
Mentor in ein Start-up einbringen?
SCHOLOCHOW
: Als Mentor ist
es wichtig, die eigene Erfahrung
weiterzugeben. Das darf aber nicht
belehrend sein, sondern muss als
Sparringpartner auf Augenhöhe pas-
sieren. Man muss Gründern helfen,
ihr Geschäftsmodell zu schärfen und
Prozesse zu etablieren, sowie das eige-
ne Netzwerk zugänglich machen.
STANDORT:
Was kann mohemian
ins Netzwerk einbringen?
SCHOLOCHOW
: Vor allem wenn
es um Märkte geht, vergessen Grün-
der oft, über die Berge zu schauen.
Wir haben gelernt, dass man als lo-
kales Unternehmen in Innsbruck sit-
zen, sehr wohl aber rausgehen kann.
Diesen Kontext können wir in Start-
up.Tirol einbringen. ]
Florian Scholochow über das mohemian-Geschäftsmodell, klassische Fehler von
Start-ups, die Bedeutung von Netzwerken und den Blick über die Berge.
Szene
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STANDORT 03|16
[ Thema: Star t-ups ]
Startup.Tirol will Tirol zu einem
attraktiven Start-up-Standort machen
[ standortagentur ] : [ start-ups ] [ business angels ] [ investoren ] [ mentoren ] [ services ] [ innovation ] [ forschung ] [ wirtschaft ] : [ startup.tirol ]
Services
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[ Thema: Impressum ]
STANDORT. Aktuelle Nachrichten
der Standortagentur Tirol und ihrer
Clusterinitiativen. Sonderausgabe 03|16
Herausgeber: Standortagentur Tirol,
Ing.-Etzel-Straße 17, 6020 Innsbruck
Verleger: KULTIG Corporate Publishing,
Koch & Partner KG
Redaktion: Andreas Hauser
Fotos: Andreas Friedle
Druck: Alpina Druck GmbH
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Sonderausgabe
AKTUELLE NACHRICHTEN DER STANDORTAGENTUR TIROL
Zum Business Angel Summit Kitzbühel
2016 kamen mehr als 100 Business Angels
Das Start-up HeaRT konnte bei Jurys,
Fördergebern und Business Angels punkten
Harald Gohm über Ideen und privates
Kapital für innovative Geschäftsmodelle
Start-ups
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Kathrin Prantner über denWeg von
der Bachelorarbeit zum IT-Start-up E-SEC
Michael Vogele arbeitet an der
nächsten Robotergeneration von iSYS
[ GRÜNDERLAND-STRATEGIE ]
Ö
sterreich will das Gründerland Nr. 1 in Europa werden, ein
ehrgeiziges Ziel, für das über 250 Experten eine Strategie ent-
wickelten. Die darin enthaltenen 40 Maßnahmen sollen die Innovati-
onsaktivitäten steigern, denWissenstransfer an Unis und Forschungs-
einrichtungen mit Hilfe von Spin-offs antreiben, die Finanzierung
verbessern sowie die Gründer-, Start-up- und Innovations-Landschaft
national und international dichter vernetzen. Maßnahmen, von denen
in Tirol schon viele erfolgreich umgesetzt sind: landeseigene Förder-
programme für Technologie & Innovation, dasWissenstransferzentrum
West, ein landesweiter Breitbandausbau, Gründerwettberwerbe und
-initiativen, Investorennetzwerk, ein Innovations- und Entrepreneur-
Lehrstuhl etc. Bis 2020 will Österreich die Zahl der Neugründungen mit dem Maßnahmenpaket auf 50.000 pro Jahr
steigern, 100.000 zusätzliche Jobs sollen bis dahin entstehen. Für das Ziel nimmt die Alpenrepublik auch Geld in die
Hand. Das Start-up-Programm umfasst über drei Jahre ein Volumen von rund 185 Millionen Euro – unter anderem
mit einer Entlastung bei den Lohnnebenkosten, Investitionsanreizen und einer Aufstockung von Fördermitteln.
AUSBLICK 2016
D
ieTirolerWirtschaft wird 2016
mit 1,5 Prozent ein ähnliches
realesWachstum wie Gesamtöster-
reich aufweisen – zu diesem Schluss
kommt der „Bundesländer Überblick“
der Bank Austria. DieTiroler Export-
wirtschaft entwickelt sich 2016 solide,
Gründe sind das weiterhin relativ
robusteWachstum in Deutschland,
der starke Schweizer Franken und
eine leichte Erholung in Italien. Die
Bauindustrie verzeichnete 2015 das
größteWachstum in Österreich,
Auftragslage und Stimmung deuten
auch auf ein gutes Jahr 2016 hin. Das
Tourismusergebnis derWintersaison
2015/16 bedeutete einen Rekord, die
erste Sommerhälfte 2016 verlief auch
gut. Generell starteten dieTiroler
Industrieunternehmer relativ zuver-
sichtlich ins heurige Jahr, bei den mei-
sten liegen die Auftragsbestände über
oder innerhalb der Erwartungen. Die
positive Stimmung zeigt sich auch
bei den Investitionen – von MED-EL
über Adler Lacke (im Bild), Leitner,
TechnoAlpin, Loacker und Felder bis
hin zu Sandoz und Swarovski bauen
etliche Industriebetriebe ihreTiroler
Produktion aus.
Foto:Fotolia
Startpaket für Start-ups
Foto:Adler Lacke
Sparringpartner
auf Augenhöhe
PATRIZIA ZOLLER-FRISCHAUF
Landesrätin fürWirtschaft
T
irol hat viele Facetten. Sport- und
Freizeitparadies, dynamischer
Wirtschaftsraum, exportorientierte
Industrieregion, Forschungsstandort
internationalen Formats. Aus der
Summe erwächst ein Land der Entre-
preneure. Erfolge, Services und den
reichen Nährboden stellt der vorlie-
gende Standort vor.
Fast 2.700 Unternehmen werden in
Tirol jährlich gegründet. Ein Plus von
zwölf Prozent ist der zweitstärkste
Zuwachs in Österreich. Gleichzeitig
wächst das Ökosystem für Start-ups
dynamisch. Das liegt an den guten
Rahmenbedingungen: Zu diesen
zählen die heimische Forschung,
Cluster und Gründernetzwerke, die
schlagkräftige Beratung und das Früh-
phasenkapital der öffentlichen Hand
sowie die Kapitalkraft im Investoren-
netzwerkTirol. Das liegt am privaten
Sektor, den wir mit konsequenten
Investitionen inTechnologietransfer,
Infrastruktur und Services auf den
Plan rufen konnten. Und das liegt an
der guten Stimmung der Szene. Diese
wertet die hohe Lebensqualität, die
umfassende Unterstützung, Nähe zu
den großen Märkten und kurzeWege
als wichtige Standortvorteile und will
vor allem eines: wachsen.
Um diesesWachstum bestmöglich
zu unterstützen, bündeln imVerein
Startup.Tirol soeben wichtige Player
des Gründungsbereichs ihre Kräfte:
AussichtsreicheTiroler Start-ups wer-
den von den Partnern systematisch
mit maßgeschneiderter Unterstüt-
zung zur Markt- und Investmentreife
gebracht.Wirkungsvolle Starthilfe
soll zudem aus dem geplanten
MentorennetzwerkTirol kommen. In
diesem können die „alten Hasen“ der
heimischenWirtschaft Know-how
und Erfahrungen an den Nachwuchs
weitergeben. Denn Kenntnisse und Fi-
nesse der gestandenen Praktiker sind
für Start-ups in der Regel schlichtweg
Gold wert – entsprechend hoffe
ich auf intensive Beteiligung aus der
TirolerWirtschaft. DauerndenWind
in den Segeln erwarte ich zudem aus
der laufenden Start-up-Offensive des
Bundes. Gemeinsam können wirTirol
zu einem attraktiven Start-up-Hub
entwickeln. Ich freue mich auf effizi-
ente Zusammenarbeit!
Liebe
Leserinnen
und Leser
EDITORIAL
Foto:LandTirol
Foto:Andreas Friedle
Florian Scholochow: „Gründer vergessen oft, dass sie Unternehmer sein müssen."