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STANDORT
Thema: [ FÖRDERPROGRAMME ]
Laut Global Entrepreneurship Monitor Austria Report 2014 liegt Österreich bei Vorgründungen
und neuen Unternehmen in der vorderen Hälfte des Vergleichs mit anderen innovationsbasierten
Ländern an 13. Stelle. EU-weit verfügt Österreich über das bestbewertete System spezifischer Förder-
programme für Unternehmen. Die Förderlandschaft ist sehr vielfältig (finanzielle sowie nicht-finanzielle
Unterstützungsleistungen) und konzentriert sich besonders auf innovative Unternehmen und Start-ups.
SERVICES
Spitzenplatz für Österreich in der EU
DREI FRAGEN AN
[ Harald Oberrauch ]
Warum hat IhreTyrolean
Business Angel GmbH den
Firmensitz in Innsbruck?
Harald Oberrauch:Tiroler
sindTüftler und begeistert,
etwas zu tun – diese Men-
talität braucht es, um etwas auf die Beine
zu stellen. In Nordtirol ist das Umfeld mit
den Institutionen z.B. der Standortagentur
Tirol besser aufgestellt als in Südtirol. Es ist
– gegenüber Italien – eine Rechtssicherheit
gegeben. Zudem sind dieWege extrem kurz.
Wie wichtig sind für Sie Netzwerke?
Extrem wichtig. Der Business Angel ist kein
klassischer Investor, er ist fast ein Berater,
der in väterlicher Funktion versucht, den
Jungunternehmer zu unterstützen. Netzwerk
ist daher ausschlaggebend, ich kann ja nicht
jeden Markt, nicht jeden Kunden kennen.
Wichtig ist daher, andere Business Angels
in deren Spezialgebieten zu fragen, sich mit
ihnen auszutauschen.
Wo sehen Sie Chancen für Kooperationen
von Start-ups und Industrie?
Ein Business-Modell, das Zukunft hat. Große,
aber auch kleinere Unternehmen sind meist
mit dem „Daily Business“ so stark beschäf-
tigt, dass sie wenig Zeit bzw. nicht geeignete
interne Strukturen für neue querdenkende
Ideen haben. Durch Kooperationen mit
Start-ups kann ein bestehendes Unterneh-
men viel Zeit gewinnen und den Fokus viel
präziser auf die Umsetzung setzen. Mein
Motto in dieser Angelegenheit heißt: „Es
frisst nicht der Große den Kleinen, sondern
der Schnelle den Langsamen!“
Harald Oberrauch ist Inhaber der
Unternehmen Durst und Alupress
W
enn jemand von der Uni
zu uns kommt und sagt,
ich hätte da eine Idee für
ein Unternehmen, könnt ihr euch
die anhören, dann antworten wir mit
‚Ja‘ und schauen auch, ob wir helfen
können – wir sind ein offenes Haus“,
bringt Pinar Kilickiran die CAST-Phi-
losophie auf den Punkt. 2002 erlebte
das akademische Gründungszentrum
als gemeinsame Einrichtung von Uni
Innsbruck, Medizinuni Innsbruck,
MCI und Standortagentur Tirol seine
eigene Gründung: Im Rahmen einer
bundesweiten Initiative entstanden
in Österreich sieben AplusB-Zentren,
um eine Brücke zwischen Wissen-
schaft und Wirtschaft zu bauen. Mehr
als 700 Gründungen gingen seither
aus dieser Initiative hervor, mit 74
neuen Unternehmen trägt Tirol sei-
nen Anteil dazu bei, zudem wurden
mehr als 346 qualifizierte Arbeitsplät-
ze am Standort Tirol geschaffen.
„Am Anfang schauen wir, was die
Idee ist. Eventuell können wir auch
schon sagen, ob es Ähnliches schon
gibt“, berichtet Kilickiran über das
Erstgespräch, „zudem machen wir
eine kleine Marktrecherche und
treffen uns mit dem Team wieder.“
Wichtig sei aber auch der Eindruck,
den das Team hinterlasse, ob es ihm
mit der Verfolgung der Geschäfts-
idee auch ernst sei. Trifft dies zu
und sehen die CAST-Experten einen
Markt für die Idee, wird das Team
in das Pre-Incubation-Programm
aufgenommen. Es folgt eine genaue
Marktanalyse, für die CAST z.B. auf
Experten der aws zurückgreift, man
begibt sich gemeinsam auf die Suche
nach geeigneten Businessmodellen,
es werden Prototypen verbessert,
Finanzpläne erstellt, Businesspläne
erarbeitet. „Im Prinzip ist es eine Art
Projektmanagement, das wir mit den
Teams machen“, sagt die Gründungs-
beraterin und Expertin für Physical
Sciences & Life Sciences. Ein Prozess,
bei dem auch knifflige Fragen auftau-
chen können z.B. wenn rechtlich ab-
geklärt werden muss, wem ein Patent
eigentlich gehört. Zudem ist es ein
Ziel des Coachings, die Teams „förde-
rungsfit“ zu machen, „insofern sehen
wir uns in einer Pre-PreSeed-Pha-
se“. Überzeugt das Team auch den
CAST-Beirat, wird es zum offiziellen
CAST-Team. Mehr als 200 Ideen wur-
den seit Beginn begleitet, 74 schaff-
ten es ins CAST-Portfolio, vertreten
sind die unterschiedlichsten Tech-
nologie- und Innovationsbranchen,
wobei, so Kilickiran, Schwerpunkte
in den Bereichen Life Science und
IT auszumachen seien. Ein CAST-
Team zu sein, ist sozusagen eine Art
Gütesiegel, wissen doch mögliche
Fördergeber wie aws (Austria Wirt-
schaftsservice Gesellschaft) oder FFG
(Österreichische Forschungsförde-
rungsgesellschaft) bzw. potenzielle
Investoren, dass die gründungswilli-
gen Teams gut vorbereitet und ihre
Geschäftsideen geprüft wurden. Info:
www.cast-tyrol.com]
Harald Gohm, Geschäftsführer der Standortagentur Tirol, sieht viele gute Ideen sowie zunehmend privates
Kapital für innovative Geschäftsmodelle im Land und denkt an Start-up-Hubs auf Tiroler Berggipfeln.
„Ideen mit Netzwerken stärken“
Ein gründliches Qualitätssiegel
Seit seiner eigenen Gründung hat das Gründerzentrum CAST über 200 Uni-
Teams von der ersten Geschäftsidee bis zur erfolgreichen Umsetzung begleitet.
STANDORT:
Der Tiroler Tourismus
setzt auf Gastfreundschaft. Gibt es
eine solche auch für Start-ups?
HARALD GOHM:
Vorab – nicht jede
Gründung ist ein Start-up. Start-ups
sind schnell wachsende, skalierbare
und innovative Geschäftsmodelle.
Tesla etwa kommt nicht aus dem
Autobereich, versucht aber, beste-
hende Geschäftsmodelle herauszu-
fordern. Und die Umsetzung solcher
neuer Geschäftsmodelle versuchen
wir zu unterstützen.
STANDORT:
Wie schaut diese Unter-
stützung konkret aus?
GOHM:
Wir ermutigen und ermun-
tern Studierende und Menschen mit
innovativen Ideen, sich selbstständig
zu machen, und veranstalten dazu
Ideen- und Gründerwettbewerbe, ver-
mehrt aber schnelle Formate, etwa an
einem Wochenende.
STANDORT:
Wo besteht in Tirol
Nachholbedarf?
GOHM:
Unsere größte Lücke ist das
Kapital, nicht die Idee. Mit Ideen ste-
hen wir im Vergleich zur Größe des
Landes gut da, der universitäre Hin-
tergrund zeichnet uns im Vergleich
zu Standorten mit gleicher Ein-
wohnerzahl aus. Die Menschen mit
Ideen suchen Industrie- und Finan-
zierungspartner und dabei haben sie
Schwierigkeiten. Dem versuchen wir
mit Netzwerken von Investoren und
Business Angels sowie Private-Equity-
Unterstützung Abhilfe zu schaffen.
Oder mit Veranstaltungen wie dem
Business Angel Summit in Kitzbühel.
Wir verknüpfen solche Events auch
immer mehr mit Sport, Freizeit und
Outdoor, wollen z.B. Skifahren, Start-
ups und Finanziers verbinden.
STANDORT:
Wer Kreativität sucht,
geht nach Berlin, wer Kapital sucht,
nach London. Warum sollte ein Start-
up nach Tirol kommen?
GOHM:
Der Outdoorbereich und al-
pine Technologien sind in Tirol stark,
alpines Lebensgefühl kann bis in den
Lebensmittelbereich reichen. Dazu
kommen noch High-Tech-Schienen
an den Unis. In diesen Bereichen ha-
ben Start-ups Chancen und Möglich-
keiten. Dazu kommen noch weiche
Standortfaktoren.
STANDORT:
Die da wären?
GOHM:
Urbanes Leben ist anstren-
gend und teuer, Fragen wie Vereinbar-
keit von Beruf und Familie, Freizeit,
Lebensqualität spielen auch eine Rol-
le. Und man ist gut erreichbar – vom
Tiroler Unterland brauche ich keine
Stunde zum Flughafen München.
STANDORT:
Gibt es noch weitere
Aktivitäten?
GOHM:
Wir arbeiten an Konzepten,
internationale Start-ups z.B. in ihrer
Teambuildingphase nach Tirol zu
bringen, Tirol als temporärer Dreh-
punkt für Start-ups. Wir wollen Start-
up-Hubs etwa auf Berggipfeln oder
an ungewöhnlichen Orten schaffen
und ein interessantes Programm über
Rafting und Skifahren hinaus bieten:
Pitching vor Tiroler Firmen und
Investoren, Kontakte zur Uni, Firmen
sollen ihre Problemstellungen darle-
gen – vielleicht findet sich ein Start-
up aus Singapur mit der Lösung.
STANDORT:
Ein Verknüpfen von
Werten des alpinen Raums mit dem
Start-up-Gedanken…
GOHM:
…ja. Die Start-ups sollen
Tirol als einen Raum abspeichern,
der nicht nur alpin ist, sondern auch
Unis, Investoren und gute Rahmen-
bedingungen hat. Und vielleicht ist
eines dabei, das mit seiner nächsten
Idee, mit seinem nächsten Unterneh-
men hierher kommt, weil es weiß,
dass es damit nach Tirol passt. ]
Foto:Andreas Friedle
Finanzielle Partnervermittlung
[ konkret GESEHEN ]
Foto:Andreas Friedle
Foto:StandortagenturTirol
Pinar Kilickiran: „Im Prinzip machen wir mit denTeams ein Projektmanagement.“
„Wir wollen Tirol zu
einem temporären
Drehpunkt für
Start-ups machen.“
R
und 37.000 Unternehmen
werden in Österreich jährlich
gegründet, das Thema Finanzierung
ist dabei ein Dauerbrenner. Oft fehlt
es am notwendigen Kapital und an
Sicherheiten, die klassische Kredit-
finanzierung via Bank wird zuneh-
mend schwieriger, um dieWachs-
tumsphase zu finanzieren. Ihr Beginn
kann durch öffentliche Förderungen
bedient werden, sobald der Kapi-
talbedarf aber größer wird, gibt es
nur wenige Venture Capitalists, die in
dieser frühen Phase einsteigen. Eine
Möglichkeit, diese Lücke zwischen
öffentlicher Startfinanzierung und
Venture Capitalists zu schließen, sind
Business Angel Investments.
Doch wie finden potenzielle Busi-
ness Angels undVenture Capitalists
überhaupt Start-ups, die finanzielle
Unterstützung benötigen? – Seit
2012 inTirol mit dem Investoren-
netzwerkTirol: „Unser Ziel ist es,
in unserem Netzwerk nach dem
Investor zu suchen, der zur Start-
up-Idee bzw. zum Unternehmen
passt“, beschreibt Marcus Hofer, der
bei der Standortagentur Tirol das
Investorennetzwerk betreut, seine
Arbeit. Seit 2012 konnten zehn Deals
abgeschlossen werden, weitere sind
derzeit in der Pipeline. Neben der
Vernetzung im Land sieht Hofer
dieVernetzung über die Grenzen
hinaus als seine Aufgabe, zudem will
er in Zukunft Netzwerk-Mitglieder
vermehrt auch als Mentoren für
Start-ups gewinnen. Das erweiterte
Netzwerk verfügt in der Zwischen-
zeit über mehr als 150 Investoren
und Business Angels aus dem In- und
Ausland, darunter etwa dieTiroler
Adlerrunde, dieTyrolean Business An-
gel Gmbh, das von Hermann Hauser
gegründete I.E.C.T. und die Curator
Holding. Über die Grenzen sichtbar
macht sich das Investorennetzwerk
mit dem Business Angel Summit in
Kitzbühel, er diene aber, sagt Hofer,
auch der Start-up- und Business-
Angel-PositionierungTirols. Eine
Positionierung abseits der gehypten
Start-up-Standorte wie Berlin oder
London, die durchaus Sinn macht,
bieten doch die im Umfeld der Unis
und Fachhochschulen entstehenden
Neugründungen so manche attrak-
tive Investitionsmöglichkeit.
Info:
www.standort-tirol.at/inve-storennetzwerk
Marcus Hofer: „Suchen im Netzwerk
nach dem passenden Investor.“
Foto:Andreas Friedle
Harald Gohm: „Start-ups sollen Tirol
als einen Raum abspeichern, der
gute Rahmenbedingungen hat.“