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STANDORT

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1

Ständige Steigerung der F&E-Ausgaben

Thema: [ Forschungsausgaben]

STAndORT

Der Forschungs- und Technologiebericht 2014 bestätigt einen weiteren

Aufstieg von F&E in Österreich: Seit 2009 sind die F&E-Ausgaben insgesamt um

10,6 % auf rund 8,3 Milliarden Euro (5,7 im Unternehmenssektor, 2,2 im Hoch-

schulsektor) gestiegen. Der öffentliche Sektor finanziert 36,4 %, die EU 1,8 % und

inländische Unternehmen 46,2 % der Forschung und Entwicklung.

[ smarte MATERIALIEN ]

Nicht nur filigran, auch rund

O

ft sind es bekanntlich Kontakte, die zu anderen Kontakten führen. Im Fall der

Ing. Hans Lang GmbH aus Terfens führten sie von Beton und Holz zu Beton

und Textilien. „Mit Jürgen Feix vom Arbeitsbereich Massivbau und Brückenbau der

Universität Innsbruck haben wir schon vor einigen Jahren in einem Forschungs-

projekt zu Holz-Beton-Verbundbaustoffen zusammengearbeitet. Er hat uns dann

gefragt, ob uns auch Fragestellungen zu Textilbeton interessieren würden“, erinnert

sich Gerhard Meixner, Leiter des Geschäftsbereichs Fertigteilbau bei Lang. So

kam es zu dem Forschungsprojekt, an dem neben dem Team von Jürgen Feix die

Ing. Hans Lang GmbH, das Forschungsinstitut für Textilchemie und Textilphysik in

Dornbirn und Vorarlberger Unternehmenspartner beteiligt sind.

Textilbeton ist ein relativ junger Baustoff, der Mitte der 1990er Jahre zum

ersten Mal in Dresden erprobt wurde. Ähnlich dem Stahlbeton besteht er aus

zwei Komponenten, aus Beton und einer Bewehrung aus technischen Textilien

wie etwa Carbonfasern. „Man kann damit dünner bauen“, beschreibt Meixner

einen Vorteil des künstlichen Verbundwerkstoffs. Bei Stahlbeton ist eine be-

stimmte Betondicke, mit welcher

der Stahl ummantelt ist, vorgeschrie-

ben, damit dieser nicht korrodiert.

„Das sind mindestens zwei bis drei

Zentimeter, mit der Stahldicke von

rund einem Zentimeter kommt

man dann auf eine Bauteilstärke von

mindestens sechs Zentimetern“,

so Meixner. Da technische Texti-

lien nicht rosten, braucht es diese

Dicke nicht: „Wir könnten also dem

Wunsch der Architekten, filigraner

zu bauen, nachkommen.“ Aber auch

bei der Sanierung von bestehenden

Objekten kann Textilbeton zum Einsatz kommen, waren doch die Normen für

Bauteilstärken vor 30 Jahren nicht so streng – heute nicht mehr den Normen

entsprechende dünne Stahlbetonteile könnten durch Textilbetonteile ersetzt

werden. Seit einem Jahr läuft das Projekt, in dem der Beton – Meixner: „Es muss

auch wirtschaftlich herstellbar sein.“ – von Lang vorgegeben wurde. „Wir sind

so weit, dass wir die potenziellen Textilien fixiert haben“, berichtet Meixner. Mit

diesen geht es jetzt in die nächste Versuchsrunde, im Sommer 2016 will man mit

Projektende in die praktische Umsetzung. Wobei sich das Konsortium ein ganz

spezielles Ziel gesteckt hat: „Wir arbeiten an gekrümmten Textilbewehrungen, mit

denen man nicht nur dünn, sondern auch rund bauen kann.“

STANDORT:

Innsbruck ist neben

Bozen die Pionierstadt des EU-

Projekts Sinfonia. Was heißt das

für die Tiroler Landeshauptstadt?

HARALD GOHM:

Innsbruck wird

europaweit sichtbare Vorreiter-

Stadt auf dem Gebiet der ressour-

censchonenden Energienutzung

und macht einen Riesenschritt zur

sogenannten „Smart City“. Der En-

ergieentwicklungsplan der Stadt

wird kräftig vorangetrieben. Da

sehr viele Kompetenzen am Stand-

ort – von Forschung, Wohnbauträ-

gern, Energieversorgung bis hin

zu einer Vielzahl von Unterneh-

men – vom Start weg einfließen,

sind die Qualität der Maßnahmen

und die Erfolgsaussichten beson-

ders hoch.

STANDORT:

Was ist eigentlich für

den Standort Tirol das Besondere

an

Sinfonia

?

GOHM:

Der Standort Tirol profi-

tiert gleich vierfach. Weil sowohl

Wertschöpfung, Wissen, internati-

onale Sichtbarkeit beim zentralen

Zukunftsthema Energie, aber vor

allem auch die Lebensqualität der

Bewohner gesteigert werden. Und

mehr Lebensqualität kommt nicht

nur der Tiroler Bevölkerung zugu-

te. Sie ist auch ein wichtiges Argu-

ment bei der Ansiedlung von in-

ternationalen Unternehmen und

Fachkräften.

STANDORT:

Inwieweit profitie-

ren Tiroler Unternehmen und an-

dere Akteure?

GOHM:

Da sind wir jetzt bei der

angesprochenen Wertschöpfung

und dem Wissen. Zuerst werden

die umfassenden Sanierungen ei-

nen Schub für die Bauwirtschaft

bringen und so auch die Tiroler

Beschäftigung maßgeblich stär-

ken. Weiters erwarte ich mir aber,

dass die beteiligten Betriebe und

Forschungseinrichtungen

das

spezifische Know-how, das sie in

diesem Projekt als Pioniere der

Energietechnologien erarbeiten,

erfolgreich in Form neuer Pro-

dukte und Dienstleistungen inter-

national vermarkten.

STANDORT:

Die Standortagen-

tur kümmert sich seit 2010 darum,

EU-Förderungen nach Tirol zu be-

kommen. Ist

Sinfonia

das bisherige

Highlight?

GOHM:

Das Projekt sprengt Di-

mensionen. Bezogen auf die Ge-

samtfördersumme von rund 27Mil-

lionen Euro ist es das bisher größte

FP7-Projekt aus dem Bereich Ener-

gie, das nach Tirol geholt werden

konnte, zudem ist es das größte

Projekt aus dem Programm Smart

Cities, das je nach Österreich kam.

Man muss hier auch der Politik

danken. Weil diese so konsequent

in die Zusammenarbeit zwischen

Wissenschaft und Wirtschaft inve-

stiert und es uns ermöglicht hat,

innovationsstarke und kooperati-

onsfähige Cluster aufzubauen, wa-

ren die Voraussetzungen nun da.

Jetzt ist es einfach großartig zu se-

hen, wie engagiert Unternehmen,

Forschungsinstitute und Verwal-

tung eng vernetzt an wesentlichen

Zukunftsfragen arbeiten.

STANDORT:

Kann

Sinfonia

ein

Ankick sein, die Region Tirol grü-

ner und smarter zu machen?

GOHM:

Die Standortpolitik will

das bereits. Achtsamkeit ist ein

zentraler Wert der Marke Tirol

und grüne Technologien sind

und bleiben der Innovationsmo-

tor der Zeit. Dass Sinfonia zeigt,

was möglich ist, macht es zu einer

neuen Triebfeder. Anders gesagt:

Der große Stein im Wasser wird

entsprechende Kreise ziehen und

Wellen schlagen.

]

Big-Data-geld

Foto: Friedle

Patrizia Zoller-Frischauf

Landesrätin für Wirtschaft

D

ie Europäische Kommission

und die IT-Wirtschaft haben die

öffentlich-private Partnerschaft (PPP)

„Big Data“ gegründet. Ab 2016 sollen

über einen Zeitraum von fünf Jahren

500 Millionen Euro aus Horizon 2020

und weitere zwei Milliarden Euro von

privaten Partnern investiert werden.

Die PPP tritt am 1. Jänner 2015 in

Kraft, die ersten Projekte werden für

2016 erwartet. „Daten sind Antrieb

und Grundlage für die Wirtschaft der

Zukunft. Organisationen jeder Art, vom

Bauernhof bis zur Fabrik, vom Labor

bis zur Werkstatt, benötigen Daten

als Bausteine, um leistungsfähiger zu

werden“, so Neelie Kroes, scheidende

EU-Kommissarin für die Digitale Agen-

da. Infos:

www.ffg.at

T

irols Wirtschaft ist robust. Mit

ganz Europa steht Tirol aber vor

einer Wende. Vor allem der produ-

zierende Sektor muss wachsendem

Wettbewerbsdruck kontern. Es braucht

Wege, mit denen wir die Produktion

am Standort halten können. Einer

dieser Wege heißt „Industrie 4.0“. Wer

ihn einschlägt, sichert seinen Markt-

vorsprung mit einer hoch effizienten

Produktion, die durch die Vernetzung

der Systeme und der gesamten Wert-

schöpfungskette gleichzeitig individu-

elle Kundenwünsche berücksichtigen

kann. Parallel profitiert der Standort,

weil neuartige Wertschöpfung und

Geschäftsmodelle entstehen. Sicher, In-

dustrie 4.0 braucht einen langen Atem.

Wichtiger ist aber, dass Tirol beste

Voraussetzungen hat, um das Potenzial

für sich zu nutzen: Denn wir sind ein

konkurrenzfähiger Produktionsstandort.

Dank der aufgebauten IT-Lehrstühle

und der daraus erwachsenen Unter-

nehmen haben wir die erforderliche

Technologie im Land. Und zudem sind

die Betriebe und F&E-Einrichtungen

unserer Cluster fähig, visionäre Projekte

im Netzwerk voranzutreiben - das

EU-Projekt Sinfonia belegt das ein-

drucksvoll. Auch die Industrie 4.0 hat

Tirol bereits fest im Visier: Mit den

neuen Professuren für „Advanced

Manufacturing“ und Leistungselektronik

an der Universität Innsbruck. Mit einer

Zusammenarbeit der Mechatronik-Clu-

ster in Tirol und Oberösterreich. Und

mit Betrieben wie Siemens, welche die

Basis für Industrie 4.0 mit Instrumenten

wie einer „Digital Enterprise Platform“

bereits schaffen. Folgen auch Sie

diesem Weg. Auf meine umfassende

Unterstützung können Sie zählen!

Liebe

Leserinnen

und Leser

EDITORIAL

Foto: Land Tirol

„Betreten Neuland“

Eine neue Stiftungsprofessur für „Advanced Manu­

facturing“ stärkt den Standort Westösterreich.

E

s war ein hartes Rennen, wir

haben aber schon imVorfeld

die ersten Schrit-

te gesetzt, da wir den

Bedarf der Industrie ge-

spürt haben“, hält Tho-

mas Bechtold, Professor

am in Dornbirn angesie-

delten Forschungsinsti-

tut für Textilchemie und

Textilphysik, fest und

freut sich hörbar, dass

es gelungen ist, eine Stif-

tungsprofessur für „Ad-

vanced Manufacturing“

an die Universität Inns-

bruck zu bekommen. Drei solcher

Professuren vergab – nach einer

internationalen Bewertung – das

Bundesministerium für Verkehr,

Innovation und Technologie für die

Bereiche Produktionsforschung, In-

dustrie 4.0 und Materialwissenschaf-

ten. In Dornbirn soll nun in enger

Zusammenarbeit mit den Konsor-

tiumspartnern Getzner Textil AG,

Fussenegger und Grabher Textilver-

edlung, Benninger AG, Alge Elastic,

Schoeller GmbH und dem Verein

zur Förderung der Forschung und

Entwicklung in der Textilwirtschaft

geforscht werden. Inhaltlich, so

Bechtold, wird man sich auf zwei

Linien konzentrieren: einerseits auf

spezifische Werkstoffanwendungen

mit textilen Fertigungstechniken,

andererseits auf textile Strukturen

und Faserverbundwerkstoffe für

den Leichtbau. „Dabei

geht es einerseits um die

Entwicklung von Pro-

dukten, aber auch von

innovativen Verfahren,

um diese zu produzie-

ren“, sagt Bechtold.

Die Stiftungsprofes-

sur, so der Chemiker,

passe auch gut in die

strategische

Entwick-

lung des Instituts: „Wir

sehen im Bereich der

technischen Textilien

ein enormes Wachstumspotenzial

für die Textilindustrie im Land.“

Als Beispiel nennt Bechtold etwa

Nässesensoren in Krankenhaus-

bettwäsche – an diesem Projekt ar-

beiten die Forscher mit Vertretern

der Wäsche- und Elektronikindu-

strie sowie einer Pflegeeinrichtung

– oder faserverstärkte Baustoffe wie

Textilbeton (siehe Beitrag links),

Faserverbundwerkstoffe für den

Leichtbau oder beheizte Textilien

(Bechtold: „Nicht nur für Kleidung

wie Handschuhe oder Unterwä-

sche, sondern für Hochtempera-

turheizung.“). Konkret losgehen,

so Bechtold, soll es im Herbst 2015

– bis dahin soll die passende Beset-

zung für die Stiftungsprofessur ge-

funden sein.

]

Foto: Uni Innsbruck

Smartes Leben: Der Standort Tirol profitiert vom EU-Projekt Sinfonia, ist Harald Gohm, Geschäftsführer der

Standortagentur Tirol, überzeugt. Zudem wird es Triebfeder für weitere Entwicklungen sein.

„Projekt sprengt Dimensionen“

Harald Gohm: „Innsbruck wird eine europaweit sichtbare Vorreiter-Stadt.“

Thomas Bechtold: „Es

war ein hartes Rennen.“

Ein Ausziehversuch mit Textilbeton.

Foto: Arbeitsbereich für Massivbau und Brückenbau