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STANDORT
Ärztekammer für Tirol zeichnet junge Wissenschaftler aus
Thema: [ LIFE SCIENCES TIROL ]
Dr. Wilfried Schgör und PD Dr. Igor Theurl, zwei junge Wissenschaftler der Univ.-Klinik für Innere Medizin I,
wurden vor Kurzem im Rahmen eines Festakts der Tiroler Ärztekammer für ihre Forschungen mit dem Preis der
Tiroler Ärztekammer bzw. mit dem Dr.-Johannes-Tuba-Preis ausgezeichnet. Schgör (Arbeitsgruppe ao. Univ.-Prof.
Rudolf Kirchmair) legt seinen wissenschaftlichen Fokus auf die therapeutische Angiogenese, Theurl (Arbeitsgruppe
Univ.-Prof. Günter Weiss) auf die chronische Blutarmut.
SCIENCE
STANDORT:
Woher kommen die
Ideen für Ihre Forschungen?
HERMANN STUPPNER:
Eine
Möglichkeit ist die traditionelle
Volksmedizin. Hier kann man sehr
alte Quellen finden. Wir greifen
zum Beispiel auf Dioskurides zu-
rück. Der schrieb im ersten Jahr-
hundert nach Christus seine „Gro-
ße Arzneimittellehre“ mit über 600
katalogisierten Heilpflanzen.
STANDORT:
Wie erforschen Sie
pflanzliche Wirkstoffe?
STUPPNER:
Das endgültige Ziel
ist, jene aktiven Prinzipien zu iden-
tifizieren, die für die Wirkung des
Gesamtextrakts verantwortlich ge-
macht werden können. Diese Sub-
stanzen – es kann sich hier um ei-
nen einzelnen Naturstoff handeln
oder um mehrere – werden schließ-
lich hinsichtlich ihres Wirkmecha-
nismus auf molekularer Ebene un-
tersucht.
STANDORT:
Innsbruck verfügt
über eine große Naturstoffdaten-
bank – was kann man sich darunter
vorstellen?
STUPPNER:
Naturstoffdatenban-
ken stellen Bibliotheken dar, in
denen tausende von Naturstoffen
als dreidimensionale Moleküle ab-
gelegt sind. Solche Strukturbiblio-
theken dienen der computerunter-
stützten(insilico)Leitstruktursuche
und -optimierung. Mithilfe von
Pharmakophor-Modellen werden
dieseNaturstoffdatenbankeneinem
virtuellen Screening unterworfen.
Damit sollen Substanzen identifi-
ziert werden, die als potenzielle In-
hibitoren oder Aktivatoren für ein
gewünschtes Zielprotein (Enzym,
Rezeptor) in Frage kommen.
STANDORT:
Sie arbeiten unter an-
derem mit Pharmakophor-Model-
len – wie funktionieren diese?
STUPPNER:
Ein Pharmakophor-
Modell beschreibt die räumliche
Anordnung der für die Wirksam-
keit (biologische Aktivität) not-
wendigen funktionellen Grup-
pen oder physikochemischen
Eigenschaften. Das Konzept der
3D-Pharmakophore basiert auf den
Wechselwirkungen, die in der Arz-
neistoff-Rezeptor-Wechselwirkung
experimentell beobachtet werden:
Wasserstoffbrückenbindungen, io-
nische Wechselwirkungen, sowie
elektrostatische und hydrophobe
Interaktionen.
Pharmakophor-
Modelle können heutzutage mehr
oder weniger automatisiert erstellt
werden und werden zum Durch-
suchen einer Struktur-Datenbank
nach potenziellen neuen Wirkstof-
fen (Liganden) verwendet.
STANDORT:
Wie werden die For-
schungsergebnisse verwertet?
STUPPNER:
Neue Erkenntnisse
zu pflanzlichen Wirksubstanzen
können unterschiedlich verwertet
werden. Einheimische Firmen, wie
z.B. Bionorica SE, Montavit GmbH
oder Gebro Pharma GmbH, sind
weniger an Reinsubstanzen inter-
essiert als vielmehr an Phytophar-
maka, d.h. komplexen Gemischen
aus verschiedenen Pflanzenin-
haltsstoffen. Hier können unsere
Forschungsergebnisse zu einer
Weiterentwicklung von bereits zu-
gelassenen pflanzlichen Arznei-
mitteln führen. Neue Forschungs-
daten zu Einzelsubstanzen, wie wir
sie zum Beispiel aus dem Edelweiß
gewinnen, sind aber natürlich
auch für die pharmazeutische In-
dustrie von Interesse. Allerdings
ist der Weg von der Pflanze bis zur
Markteinführung einer Einzelsub-
stanz zeitintensiv und finanziell
kostspielig. ]
Pharmazie. Innsbrucker Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen forschen
an neuen, von Naturstoffen abgeleiteten Heilmitteln für Entzündungskrankheiten.
Die Natur ist das Vorbild
für neue Medikamente
Naturheilmittel-Forschung in Innsbruck
[ konkret GESEHEN ]
G
esundheit aus der Natur“ ist das Motto der Bionorica SE, die in Sachen apothekenpflichtiger
pflanzlicher Arzneimittel weltweit eine Führungsrolle innehat. Die Bionorica konzentriert
sich darauf, weltweit die Potenziale von Heilpflanzen mit den modernsten wissenschaftlichen
Methoden zu untersuchen. Auf Basis standardisierter Anbauverfahren, patentierter Produktions-
methoden sowie pharmakologischer und klinischer Studien stellen die Heilpflanzenspezialisten
wirksame, aber nebenwirkungsarme Hightech-Naturarzneimittel für verschiedene Indikations-
gebiete her. Um den beeindruckenden Dimensionen der Naturpotenziale noch gezielter auf die
Spur zu kommen, gründete die Bionorica 2005 die Bionorica research in Innsbruck. „In Innsbruck
finden wir die besten Rahmenbedingungen vor. Expertise auf dem Gebiet der Pflanzenheilkunde
ist in großem Maß vorhanden und überdies ist ein wichtiger Kooperationspartner der Bionorica
research, das Zentrum für Krebsforschung (Oncotyrol), hier ansässig. Und schließlich hat auch
eine Reihe weiterer forschender Partner auf dem Gebiet der Analytik und Galenik in Tirol ihren
Sitz“, erläutert der an der Universität Innsbruck lehrende Pharmazeut und Vorstandschef Prof.
Michael Popp (rechts im Bild). In Innsbruck baute Bionorica research kürzlich ein besonderes Hightech-Labor für Phytoanalytik auf. Als erstes kommerzielles Unternehmen in
Europa verfügt das Unternehmen über ein Gerät der neuesten Generation von Massenspektrometern, mit dessen Hilfe selbst kleinste Mengen von Inhaltsstoffen in kürzester
Zeit in Heilpflanzen nachgewiesen werden können. „Für uns ist das ein Quantensprung, weil Heilpflanzen komplexe Vielstoffgemische mit teilweise 350 Inhaltsstoffen sind, die
wir jetzt einfach besser und schneller charakterisieren können.“ Binnen kurzer Zeit konnte das Bionorica-research-Forschungsteam wesentliche Fortschritte erzielen. So wurde
gemeinsam mit der Universität Innsbruck ein Verfahren entwickelt, das die Wirksamkeit von Pflanzenextrakten gegen Bakterien erheblich verbreitert. Insbesonders arbeiten die
Wissenschaftler daran, dass qualitativ hochwertige Phytopharmaka mit wissenschaftlich bestätigter Wirkung und Nebenwirkungsarmut zu einer immer wichtiger werdenden
Alternative werden. Das Erfolgsgeheimnis des auf über 1000 Mitarbeiter angewachsenen Heilpflanzenspezialisten verdeutlicht Michael Popp so: „Wir versuchen das Beste, was
der Mensch derzeit kann, mit dem Besten zu verbinden, mit dem uns die Natur bei der Heilung von Krankheiten versorgt“. Mehr Infos unter:
www.bionorica.atGen-Silencing
UGICHEM
Foto: Friedle
Reinraumprofi
PROFI-CON
Foto: Bionorica
FAKTEN. NEWS.
[ Thema: Life Sciences ]
Mit 68.000 Euro unterstützt die Öster-
reichische Nationalbank Ärztinnen und Ärzte
der Innsbrucker Universitätsklinik bei der Erfor-
schung spezieller Autoimmun-Erkrankungen bei
Kindern. „Unser Ziel ist es, hundert Kinder mit
entsprechendem Krankheitsbild auf bestimmte
Biomarker in ihrem Immunsystem zu untersu-
chen“, so Dr. Kevin Rostasy, Leiter des Projekts
und Oberarzt an der Uniklinik für Pädiatrie
IV. Diese „Biomarker“ sollen der Schlüssel für
die Verbesserung von Diagnose und Behand-
lungsmethoden sein. Der Fokus liegt dabei
auf Autoimmun-Erkrankungen im Gehirn, wie
beispielsweise Multiple Sklerose.
Der Leiter der Medizinischen Intensiv-
station der Innsbrucker Uniklinik für Innere
Medizin I, ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Joanni-
dis, ist neuer Präsident der Österreichischen
Gesellschaft für Internistische und Allgemeine
Intensivmedizin (ÖGIAIM). Der international
anerkannte Intensivmediziner und Spezialist
für akutes Nierenversagen wurde für drei
Jahre in dieses Amt gewählt.
D
as innovative Innsbrucker Bio-
tech-Unternehmen ugichem (vor
Kurzem konnte eine Finanzierungsrun-
de im Ausmaß von zwei Millionen Euro
abgeschlossen werden) entwickelt neu-
artige Medikamente auf Basis der soge-
nannten Gene-Silencing-Technologie.
Diese Technologie ist ein Konzept zur
Behandlung von Infektionskrankheiten,
Krebs, Entzündungs-, Stoffwechsel-
oder neurologischen Erkrankungen.
Theoretisch kann Gene-Silencing bei
80 Prozent aller Krankheiten angewen-
det werden. Viele dieser Krankheiten
werden durch die Existenz schädlicher
Proteine im menschlichen Körper
verursacht. Diese können z. B. von
Viren oder Bakterien stammen, aber
auch körpereigene Proteine können
eine Krankheit auslösen. Letzteres ist
z.B. bei Krebs, Entzündungskrank-
heiten, Stoffwechselstörungen oder
neurologischen Erkrankungen der Fall.
Traditionelle Medikamente hemmen
die Wirkung der schädlichen Proteine,
während Gene-Silencing-Medika-
mente schon die Entstehung bzw.
die Überproduktion verhindern. Die
Idee des Gene-Silencing gibt es seit 30
Jahren. Allerdings haben es selbst die
größten Pharmaunternehmen weltweit
bislang nicht geschafft, einen Gene-
Silencing-Wirkstoff so zu konstruieren,
dass er in ausreichenden Mengen in
die erkrankten Organe und dann dort
in die entsprechenden Zellen vordrin-
gen kann. Diese sogenannte Delivery
ist die letzte große Hürde für eine
breite Anwendung der Gene-Silencing-
Technologie. Auf Basis ihres speziellen
Know-hows hat die ugichem neuartige
Gene-Silencing-Wirkstoffe chemisch so
konstruiert, dass sie auf einfache Weise
in die entsprechenden Zellen vordrin-
gen können. Aus diesem Grund haben
die ugichem-Wirkstoffe die größte
Chance, das erste breit anwendbare
Gene-Silencing-Konzept zu werden.
Mehr Infos unter:
www.ugichem.atMehr Top-Betriebe aus dem Cluster
Life Sciences Tirol finden Sie auf
www.standort-tirol.at/mitgliederMehr Info
[
]
P
rofi-con hat sich auf Reinraum-Reini-
gung und Reinraum-Schulung spezi-
alisiert und hat Standorte in Deutschland,
der Schweiz und Österreich. Das Unter-
nehmen betreut sowohl national als auch
international die Hersteller, Einrichter,
Betreiber und Nutzer von Reinräumen
mit entsprechenden Dienstleistungen.
Dazu zählen Firmen in der Mikro- und
Optoelektronik, die Pharmabranche,
Gen- und Biotechnologie, Medizin-
technik, Luft- und Raumfahrt sowie die
Automotiv-Branche. Den wachsenden
Qualitätsanforderungen in der reinen
Produktion gerecht zu werden, ist das
Unternehmenskonzept von profi-con
seit der Gründung 1985. Das erfordert
einen permanenten Dialog mit Betrei-
bern von Reinräumen und Spezialisten
aus allen relevanten Bereichen zur
Weiterentwicklung der eigenen Res-
sourcen und die ständige Anpassung
an technische Entwicklungen und An-
forderungen an die Produktionsumge-
bung. Hierzu ist die Aus- und Weiter-
bildung des Personals genauso wichtig
wie der Austausch von Know-how
zwischen den Profis der Branche. Dar-
um wurde 2008 die „ReinraumAkade-
mie“ gegründet. Sie bietet ein umfas-
sendes Spektrum an Wissen für jeden
in der Reinraum-Branche. Schulungen,
Trainings, Seminare, Workshops sowie
Kongresse, Podiumsdiskussionen und
andere Informationsveranstaltungen zu
sämtlichen Themen bieten die Basis
für eine optimale Qualifikation von
Reinraum-Personal. Mehr Infos unter
www.profi-con.atIn einem für weitere drei Jahre
geförderten Nationalen Forschungs-
netzwerk (NFN) sind Innsbrucker
Forscherinnen und Forscher
natürlichen Heilstoffen auf der Spur.
Koordiniert wird das NFN von Prof.
Hermann Stuppner vom Institut für
Pharmazie in Innsbruck. Unterstützt
wird das NFN auch von der Stand-
ortagentur Tirol. In der ersten För-
derperiode finanzierte diese eine
zusätzliche Postdoktoranden-Stelle,
deren Finanzierung für drei weitere
Jahre in Aussicht gestellt wurde.
Information
Foto: Profi-con
Foto: Standortagentur Tirol