STANDORT:
Sie haben in Deutsch-
land studiert, dort, in den USA und
in England gearbeitet. War das „klei-
ne“ Tirol eine große Umstellung?
Sabine Schindler:
Ich kam da-
mals aus England und empfand es
nicht so, als würde ich von der groß-
en Welt ins kleine Tirol kommen.
Wissenschaftler wechseln ja von
einem Institut zum anderem, von ei-
ner Stadt in die andere. Für mich war
der Wechsel sehr positiv, ich wurde
sehr gut aufgenommen und konnte
auch neue Ideen einbringen. Und
Tirol hat ja viele Vorteile, die Berge
etwa, und im Vergleich zu England
ist das Wetter besser.
STANDORT:
An Ihrem Institut wur-
de in den letzten Jahren viel aufge-
baut: eine zweite Professur, der ESO-
Beitritt Österreichs – ein Beispiel für
die Entwicklung der Uni Innsbruck?
Schindler:
Im Unterschied zu
meinem Institut muss man an der
Uni nicht viel aufbauen – da läuft
ja schon vieles. Trotzdem würde ich
natürlich gerne in diesem Sinne auf
größerer Skala weiterarbeiten.
STANDORT:
Ist das die Motivation
für das Amt?
Schindler:
Ich habe schon im-
mer gerne über mein Fachgebiet
„hinausgeschaut“, daraus sind auch
Großprojekte mit Kollegen aus an-
deren Fachgebieten entstanden wie
etwa das Doktoratskolleg „Computa-
tional Interdisciplinary Modelling“.
Diese Beschäftigung mit dem großen
Ganzen finde ich interessant – das
möchte ich nun auch auf universi-
tärer Ebene einbringen.
STANDORT:
Innsbruck ist die for-
schungsstärkste Uni Österreichs.Was
sind Ihre Ziele für die Tiroler For-
schung?
Schindler:
Natürlich möchte ich
sie weiterfördern, optimale Rahmen-
bedingungen für alle Forscherinnen
und Forscher bieten. Wir sind ja gut
aufgestellt, die Profilbildung hat sich
bewährt – daran werde ich nicht rüt-
teln. Auch bezüglich Kooperationen
mit der Wirtschaft am Standort ist in
den letzten Jahren viel passiert, was
man sicherlich noch weiter vertiefen
kann. Ich möchte aber die Forschung
näher an die Lehre rücken, das ist für
mich eine Einheit. Insofern denke
ich an eine intensivere Zusammenar-
beit mit dem Vizerektorat für Lehre
und Studierende.
STANDORT:
Haben Sie ein universi-
täres Vorbild?
Schindler:
Das ist schwierig, das
„Standing“ einer Uni ist von Fachge-
biet zu Fachgebiet verschieden. Ich
möchte aber, dass Innsbruck generell
ein gutes Standing hat. Ich habe eini-
ge internationale Beispiele gesehen,
Vorbild habe ich aber keines.
STANDORT:
Wie verankert im Land
Tirol ist die Uni Innsbruck?
Schindler:
Sie spielt in meinen
Augen durch ihre Größe eine große
Rolle, sie bezieht sich auch in einigen
ihrer Forschungen auf Tirol bzw. den
alpinen Raum.
STANDORT:
Soll sich die Uni ver-
mehrt der Öffentlichkeit zeigen?
Schindler:
Das halte ich für wich-
tig. Wir haben eine Verpflichtung
gegenüber dem Steuerzahler, unsere
Arbeit darzustellen. Und es geht auch
um den Nachwuchs: Wenn wir nicht
zeigen, was wir leisten, kommen die
jungen Menschen nicht zu uns. ]
Sabine Schindler, die neue Vizerektorin für Forschung an der Uni Innsbruck, über
ihre Ziele und die Notwendigkeit, wissenschaftliche Leistungen zu präsentieren.
„Forschung näher
an die Lehre rücken“
Standort
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STANDORT 01|12
[ Thema: Inhalt ]
Sabine Schindler, neue Innsbrucker Vize-
rektorin für Forschung, über ihre Ziele
standort
[ standortagentur ] : [ erneuerbare energien ] [ informationstechnologien ] [ life sciences ] [ mechatronik ] [ wellness ] : [ forschung ] [ wirtschaft ]
Erneuerbare Energien
Seite 3
[ Thema: Impressum ]
STANDORT. Aktuelle Nachrichten
der Standortagentur Tirol und ihrer
Clusterinitiativen. Ausgabe 01|12
Herausgeber: Standortagentur Tirol, Ing.-
Etzel-Straße 17, 6020 Innsbruck
Verleger: ECHOZeitschriften- u. Verlags
GmbH | Redaktion: Andreas Hauser, Hugo
Huber, Gernot Zimmermann | Fotos: An-
dreas Friedle| Layout: Thomas Binder, Armin
Muigg | Druck: Alpina
3 2
1
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Nr. 12 | Jg. 03
aktuelle nachrichten der STANDORTAGENTUR TIROL
Innovationsassistentin Miriam Oberhuber
und die Vermarktung der Radiusplatte
Fotos: Friedle (1)
Eine Erfindung von Luis Wegscheider
könnte den Kachelofenbau revolutionieren
Sandoz vetraut auf eigens ausgebildete
„Betriebliche Energiemanager“
Mechatronik
Seite 4
PEER Engineering konstruiert für die Auto-
industrie und ist in Luft- und Raumfahrt tätig
Seiwald Blechform kann verschiedene Ar-
ten des Schweißens in einer Anlage kombinieren
Informationstechnologie
Seite 5
World-Direct punktet mit IT-Lösungen für
den Business-Bereich
Das IT-Unternehmen Ideenweberei
bietet Leistungen aus einem Guss
Wellness
Seite 6
Expertin Dagmar Rizzato über die Situati-
on im Gesundheits- und Wellnesstourismus
Naturkosmetik ist nicht immer gleich
Naturkosmetik – Green Source zeigt warum
Life Sciences
Seite 7
Das in Tirol erforschte E7-Onkoprotein ist
der ideale Marker für Gebärmutterhalskrebs
Innsbrucker Wissenschaftler beschäftigen
sich mit der Drosselung der Kalorienaufnahme
F&E-Politik trägt Früchte
[ Forschungsquote ]
D
ie von der Statistik Austria veröffentlichten regionalen Forschungsquo-
ten des Jahres 2009 sprechen dem Land Tirol ein gutes Zeugnis aus,
belaufen sich doch die Forschungsausgaben in Tirol von Unternehmen und
öffentlicher Hand auf 680 Millionen Euro – das bedeutet, dass 2,79 Prozent
des Tiroler Bruttoregionalprodukts in Forschung und Entwicklung (F&E) flie-
ßen (bundesweit liegt die Quote bei 2,72 Prozent). „Tirol hat sich im Bun-
desländerranking von Platz fünf im Jahr 2007 auf Platz drei vorgearbeitet“,
erklärt dazu Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf. Wurden 2007
noch 2,4 Prozent des Tiroler Bruttoregionalprodukts in Forschung und Entwicklung investiert, stieg dieser Wert auf nunmehr
2,79 Prozent (Platz 1 für die Steiermark mit 4,32 Prozent, Platz 2 für Wien mit 3,54 Prozent). Zoller-Frischauf: „Die Zunahme
um 0,39 Prozentpunkte ist mit Abstand die größte aller Bundesländer.“ Zum Vergleich noch ein paar Zahlen aus vergangenen
Jahren: 1998 betrugen die Forschungsausgaben rund 250 Millionen Euro, 2007 an die 540. Die Zahl der Arbeitsplätze in F&E
steigerte sich von weniger als 2500 (1998) über rund 3500 (2004) auf 4561 im Jahr 2009. „Unsere konsequente Forschungs-,
Technologie- und Innovationspolitik trägt Früchte. Dass wir die beiden Bundesländer Oberösterreich und Kärnten überholen
konnten, ist der Beweis dafür“, hält Wissenschaftslandesrat Bernhard Tilg bezüglich der für Tirol positiven Zahlen fest.
Projektstart – EU
D
as 7. EU Rahmenprogramm
für Forschung, technologische
Entwicklung und Demonstration (RP7)
ist das größte transnationale For-
schungsprogramm weltweit. Um die
Beteiligung österreichischer Antragsteller
zu erhöhen, die Chancen von KMUs
für eine erfolgreiche Antragstellung zu
verbessern und damit die Innovations-
tätigkeit von KMUs zu stärken, gibt es
das Programm „Projektstart EU“. KMUs
können für eine geplante Einreichung
im RP7 um finanzielle Unterstützung für
die Kosten der Vorbereitung ansuchen
– gefördert werden laufend bis zu 50
Prozent der maximalen Gesamtkosten
von 6000 Euro.
Info:
www.ffg.at/projektstart-euD
as Land Tirol
hat einen be-
sonderen Stellen-
wert innerhalb der
österreichischen
Grundlagenfor-
schungslandschaft.
2009 wurden
knapp über 188
Millionen Euro in Grundlagenforschung
investiert, womit Tirol mit einem Anteil
von 28 Prozent an seinen gesamten
F&E-Ausgaben von 665 Millionen Euro
im Bundesländervergleich den höchsten
Anteil aufweist. Insbesondere im Life
Science-, Biotech- und Bioinformatikbe-
reich konnte Tirol eine starke Position
beziehen und schaffte damit eine Brücke
zwischen Wissenschaft und Wirtschaft,
welche letztlich auch das Rückgrat für
industrielle Produktion bildet. Tirol hat
erkannt, dass Grundlagenforschung einen
„Möglichkeitsraum“ für angewandte For-
schung schafft. In einer hochgradig spezia
lisierten und arbeitsteiligen Forschungs-
landschaft bedarf es einer starken und
freien Forschungsbasis (mit langfristigem
Forschungshorizont) sowie spezifischer
Formen der Zusammenarbeit zwischen
den Forschungseinrichtungen und der
Industrie. Denn wissenschaftliche Er-
kenntnisse eröffnen gleichzeitig auch neue
Anwendungsfelder bzw. neue Problem-
lösungskapazitäten für die Industrie. Die
internationalen Entwicklungen der letzten
Jahre zeigen deutlich, dass exzellente Uni-
versitäten und Forschungseinrichtungen
längst zu einem der entscheidenden
Kriterien für die Standortwahl forschungs-
intensiver Unternehmen zählen. Durch
die Förderung der Grundlagenforschung
schafft die öffentliche Hand somit den
notwendigen Input zur nachhaltigen Stär-
kung des Wissenschafts- und Industrie-
standorts Österreich.
Grundlagen
forschung als
wichtiger Input
GASTKommentar
MMag. Andreas Schibany
Leiter der Forschungsgruppe TIP
Joanneum Research
Foto: doppio espresso/APA-OTS/Zötl
Kooperativ
K
ooperationen in der Forschung
werden immer wichtiger – Wissen,
Budgets, Geräte und Personal können in
gemeinsamen Projekten effektiv genutzt
werden. Deshalb fördert das Land Tirol
gemeinsame Forschungsprojekte der
heimischen Unis, Fachhochschulen und
außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen im Programm Translational Re-
search – derzeit sind dies zehn Projekte
aus den Fachbereichen Life Sciences,
Mechatronik, Materialtechnologie und IT.
Im Rahmen der aktuellen Ausschreibung
können bis zu drei neue Projekte geför-
dert werden. Die Ausschreibung läuft
noch bis zum 30. März 2012, Anträge
können bei der Standortagentur Tirol
eingereicht werden.
Foto: Standortagentur Tirol
Sabine Schindler studierte Physik an
der Universität Erlangen-Nürnberg
und der Ludwig-Maximilians-Uni-
versität München. Zwischen 1990
und 2002 war sie wissenschaftliche
Mitarbeiterin amMax-Planck-Institut
für extraterrestrische Physik in Gar-
ching, an der University of California
und an der Liverpool John Moores
University. 2002 wurde Sabine
Schindler an die Uni Innsbruck be-
rufen, seit 2004 leitet sie das Institut
für Astro- und Teilchenphysik. Mit 1.
März 2012 ist Schindler Vizerekto-
rin für Forschung.
Zur Person